Besteuerung von Investmentfonds: Vorabpauschale für 2023


Seit 2018 gilt für die Besteuerung von Aktien-, Immobilien- und Mischfonds das Investmentsteuerreformgesetz. Seitdem müssen die Fonds bei Einnahmen aus Dividenden deutscher Aktien oder Einnahmen aus deutschen Immobilien bereits auf Fondsebene Kapitalertragssteuer (inkl. SolZ) zahlen. Gleichzeitig wird den Inhabern der Fondsanteile eine sogenannte Teilfreistellung auf die Ausschüttungen des Fonds und den Verkaufserlös der Fondsanteile gewährt. Bei Mischfonds beträgt die Teilfreistellung 15 %, bei Aktienfonds 30 % und bei Immobilienfonds 60 % (mehrheitlich inländische Immobilien im Fonds) bzw. 80 % (mehrheitlich ausländische Immobilien im Fonds). In der folgenden Abbildung wird aufgezeigt, wie die Besteuerung aussieht, wenn ein Aktienfonds eine Dividendenzahlung von 1.000 € erhält und anschließend an die Anteilseigner des Fonds ausschüttet.

Die meisten Anleger kennen mittlerweile diese Grundlagen. Doch nun wird für das Jahr 2023 eine weitere Komponente dieser Steuerreform relevant: Die Vorabpauschale. Sie wird immer nachträglich auf das vergangene Jahr erhoben, wenn der Fonds die Gewinne thesauriert oder nur eine geringe Ausschüttung vorgenommen hat. Sie stellt damit eine gewisse Mindestbesteuerung des jährlichen Wertzuwachses des Fonds dar. Die gezahlten Vorabpauschalen werden dann beim späteren Verkauf der Fondsanteile wieder auf die dann zu zahlende Abgeltungssteuer angerechnet. Sie ist quasi eine Vorauszahlung, um einen Steuerstundungseffekt bei Fonds mit geringer oder gar keiner jährlichen Ausschüttung zu vermeiden. In den letzten Jahren war die Höhe der Vorabpauschale aufgrund des niedrigen Zinsniveaus praktisch zu vernachlässigen. Doch durch die Zinswende ist der maßgebliche Basiszins für das Jahr 2023 deutlich gestiegen.

Zur Berechnung der Vorabpauschale wird zunächst der Basisertrag, ein fiktiver Ertrag des Fonds, mit folgender Formel bestimmt: Basisertrag = Wert der Fondsanteile zum Jahresbeginn * Basiszins * Faktor 0,7. Für das Jahr 2023 hat die Deutsche Bundesbank den Basiszins auf 2,55 % festgelegt. Wenn nun ein Anleger Fondsanteile besitzt, die zum Jahresanfang 2023 einen Wert von 10.000 € aufweisen, ergibt sich folgender Basisertrag: 10.000 € * 2,55 % * 0,7 = 178,5 €. Anschließend wird der fiktive Basisertrag mit dem realen Wertzuwachs der Fondsanteile im Jahr 2023 verglichen. Wenn der reale Wertzuwachs höher war, dann wird der Basisertrag als Vorabpauschale herangezogen. Falls der Fonds nur einen geringeren Wertzuwachs in 2023 verbuchte, dann wird nur der reale Zuwachs als Vorabpauschale als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zu zahlenden Abgeltungssteuer verbucht.

Beispiel: Thesaurierender Aktienfonds

Hoher Wertzuwachs:

Wert der Fondsanteile zum 1.1.2023: 10.000 € 
Wert der Fondsanteile zum 1.1.2022: 11.200 € 
Realer Wertzuwachs: 1.200 €
Basisertrag = 10.000 € * 2,55 % * 0,7 = 178,5 € 

Vorabpauschale 178,5 €

Steuerlast: 26,375 % * 70 % * 178,5 € = 32,96 €

Geringer Wertzuwachs:

Wert der Fondsanteile zum 1.1.2023: 10.000 € 
Wert der Fondsanteile zum 1.1.2024: 10.150 € 
Realer Wertzuwachs: 150 €
Basisertrag = 10.000 € * 2,55 % * 0,7 = 178,5 € 

Vorabpauschale 150 €

Steuerlast: 26,375 % * 70 % * 150 € = 27,69 €

In diesem Beispiel eines Aktienfonds werden somit bei einem hohen Wertzuwachs knapp 33 € von der depotführenden Bank an das Finanzamt abgeführt. Bei einem geringen Wertzuwachs von lediglich 150 € wird nach Multiplikation des Abgeltungssteuersatzes (inkl. SolZ) in Höhe von 26,375 % und der Berücksichtigung einer Teilfreistellung von 30 % für Aktienfonds eine Steuerlast von 27,69 € für das Jahr 2023 fällig. Die Depot-Bank buchte diese Steuer automatisch im Januar 2024 für das vergangene Jahr 2023 vom Verrechnungskonto ab.

Bei ausschüttenden Fonds wird die Vorabpauschale auf die Dividende angerechnet. Nur wenn die Dividende trotz eines hohen Wertzuwachses des Fonds relativ gering ausfällt, wird eine Steuerlast über die Vorabpauschale fällig, wie in folgendem Beispiel ersichtlich wird.

Beispiel: Aktienfonds mit geringer Ausschüttung

Wert der Fondsanteile zum 1.1.2023: 10.000 € 
Wert der Fondsanteile zum 1.1.2024: 10.500 € 
Wertzuwachs: 500 €

Dividende: 100 €
Basisertrag = 10.000 € * 2,55 % * 0,7 = 178,5 € 

Vorabpauschale: 178,5 € - 100 € = 78,5 €

Steuerlast: 26,375 % * 70 % * 78,5 € = 14,49 €

Bei vielen Kleinanleger dürfte die Vorabpauschale eigentlich keine große Rolle spielen, da ihr Sparerpauschbetrag in Höhe von 1.000 € die Höhe der Vorabpauschale übersteigt. Jedoch besteht die Gefahr, dass der Anleger diese Chance ungenutzt lässt. Viele Kleinanleger kennen diese steuerliche Besonderheit nicht und stellen dementsprechend keinen Freistellungsauftrag in entsprechender Höhe, wenn sie z.B. eine typische ETF-Strategie fahren und Gewinne der ETFs thesauriert werden. 

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